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Missbrauch bei den Zeugen Jehovas: Kommission mit Aufruf an Betroffene

Missbrauch bei den Zeugen Jehovas: Kommission mit Aufruf an Betroffene
BERLIN ‐ Experten gehen davon aus, dass es auch bei den Zeugen Jehovas viele Missbrauchsfälle gibt. Wer sein Schicksal öffentlich macht, hätte harte Konsequenzen der Gemeinschaft zu befürchten. Die Aufarbeitungskommission ermutigt Betroffene, sich zu melden.



Als Fünfjährige wurde sie missbraucht von einem damals 18-Jährigen. Ihre Eltern waren als Zeugen Jehovas viel unterwegs, um zu missionieren. Der junge Mann, ebenfalls Mitglied der Gemeinschaft, sollte in dieser Zeit auf die Tochter aufpassen – und verging sich stattdessen an dem Mädchen, viele Male, bis es sich den Eltern anvertraute. Die aber befahlen ihrem Kind zu schweigen – aus Angst vor unangenehmen Konsequenzen.

Als rund 40-jährige Frau fasst sie den Entschluss, der 2016 eingerichteten unabhängigen Aufarbeitungskommission ihre Geschichte zu erzählen. Den Münchner Sozialpsychologen Heiner Keupp – Mitglied der Kommission – hat ihr Schicksal tief bewegt, sagt er. Er hat sich in den vergangenen Jahren viel mit der sexualisierten Gewalt in der katholischen und protestantischen Kirche beschäftigt. Missbrauch bei den "Zeugen Jehovas" habe aber nochmal eine andere Dimension: Anders als bei den Kirchen sei er zumindest in Deutschland medial aber noch nicht aufbereitet. Betroffene, die ihr Schicksal öffentlich machen, hätten harte Konsequenzen der Gemeinschaft zu befürchten: Sie würden ausgegrenzt, als Lügner bezeichnet und bisweilen auch verklagt.

Kritiker sprechen von repressiver Innenstruktur 

Die "Zeugen Jehovas" verstehen sich als christlich orientierte Religionsgemeinschaft. Sie wurden Ende des 19. Jahrhundert vom ehemaligen Adventisten-Prediger Charles Taze Russell in den USA gegründet und zählen nach eigenen Angaben weltweit über acht Millionen Mitglieder, in Deutschland um die 170.000. Kritiker werfen der Gruppe eine repressive Innenstruktur und totalitäres Verhalten vor. Die "Zeugen Jehovas" verhinderten durch psychische Abhängigkeitsverhältnisse freie Persönlichkeitsentfaltung und schürten Angst durch ihre Endzeit-Ideologie.

Nach einem 15-jährigen Rechtsstreit entschied 2005 das Oberverwaltungsgericht Berlin, dass die "Zeugen Jehovas" den Status einer Körperschaft des öffentlichen Rechts (KdöR) in Berlin beanspruchen können. Der Entscheidung sind inzwischen alle Bundesländer gefolgt.

So gibt es bei den "Zeugen Jehovas" wie bei den Kirchen eine eigene Gerichtsbarkeit. Viele Mitglieder bekämen immer wieder zu hören, dass das eigene Gemeindegericht wichtiger sei als die weltlichen Gerichte – weil jenes auf Jehova Bezug nimmt, erklärt Keupp.

Bei Missbrauchsfällen bedeute das, dass ein Ältestenrat entscheide und der oder die Betroffene dort den Fall schildern müsse. Ältere Betroffene, die sich an die Aufarbeitungskommission gewandt hatten, hätten zudem von einer "Zwei-Zeugen-Regelung" berichtet. Danach müsse es neben dem Opfer einen weiteren Zeugen geben, wenn der Täter nicht geständig sei. Keupp berichtet, dass die Leitung der "Zeugen" versichere, dass diese Regel im Verhältnis zu den Betroffenen keine Anwendung finde. Es könne aber nicht belegt werden, ob das in den Gemeinden so auch umgesetzt werde.

Während es in Deutschland nach Angaben der Kommission noch keine systematische Untersuchung über den Missbrauch bei der Gemeinschaft gebe, haben sich etwa in Australien und Großbritannien staatliche Kommissionen der Aufarbeitung angenommen. Beim Betroffenenverein "jz help" in Deutschland meldeten sich nach eigenen Angaben bislang rund 50 Opfer.

Eigene Gerichtsbarkeit ein Dorn im Auge

Bei den Kirchen sei in puncto Prävention und Aufarbeitung vieles auf den Weg gebracht worden, betont Wissenschaftler Keupp. Generell sei ihm das Religionsprivileg, wozu auch die eigene Gerichtsbarkeit gehört, aber nach wie vor ein Dorn im Auge. Es müsse zumindest klar geregelt und nachprüfbar sein, dass sich Religionsgemeinschaften an Gesetze hielten. Neben Gemeinschaften wie den "Zeugen Jehovas" sehe er da auch bei Gemeinschaften an den Rändern der beiden Kirchen Probleme.

Als Beispiele nennt Keupp bei der evangelischen Kirche einzelne Freikirchen, bei denen nicht klar sei, inwieweit sie bei der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) eingebunden seien. Bei der katholischen Kirche gibt Keupp die Katholische Integrierte Gemeinde an, die Kardinal Reinhard Marx vor zwei Jahren kirchenrechtlich auflöste. Ehemalige Mitglieder hatten über geistliche Manipulationen in einem System psychischer und finanzieller Abhängigkeit berichtet. Externe Prüfer kritisierten "überzogene Gehorsamsforderungen, undurchsichtiges wirtschaftliches Handeln, kompromisslose Ausgrenzung von Kritikern sowie eine unkontrollierte Machtausübung im Namen des Heiligen Geistes".

Bislang haben sich Opfer aus den Reihen der "Zeugen Jehovas" nur vereinzelt an die Aufarbeitungskommission gewandt. Mit einem Aufruf möchte die Kommission nun weitere Betroffene ermutigen, sich zu melden. Die Erzählungen würden transkribiert und anonymisiert, so dass diese nicht erkannt werden könnten, betont Keupp. Dadurch sollten mehr Erkenntnisse über systemische Zusammenhänge bei der Glaubensgemeinschaft gewonnen werden.

Von Birgit Wilke (KNA)

Kommentare

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(Nutzer gelöscht) 20.05.2022 07:28
Weitere Infos "Netzwerk Sektenausstieg und Stichwort Silent Lambs"
 
Alberlix 20.05.2022 07:40
Guten Morgen Klavier Spielerin , 

Das ist schon lange Bekannt.
Meist waren es auch die sogenannten Älteste. Das wurde dann immer Todgeschwiegen
 
Klavierspielerin2 20.05.2022 07:48
Guten Morgen 🙂
Das wusste ich nicht, dass dies schon lange bekannt war. 
Habe dies heute in meiner Frühstückslektüre gelesen.
 
Alberlix 20.05.2022 08:12
Ja das ist Schrecklich.
 
Jerusa 20.05.2022 08:19
Die Missbrauchs fälle in Kinderheimen und Sporteinrichtungen sind, statisch gesehen, seit Jahren höher, als in kirchlichen Einrichtungen, nur die kath Kirche wird in den Fokus gestellt!!! Wobei ich diese Form menschlichen Versagens natürlich nicht gut heißen kann 
 
Ajane 20.05.2022 10:45
Danke für das Hereinstellen 👍. Es ist gut,  daß dies endlich in den öffentlichen Diskurs gelangt. Das macht die Taten längst nicht wieder gut aber manche Opfer können von Mitgefühl und Anerkennung profitieren (im besten Fall). 
 
Rosenlied 20.05.2022 11:37
⛪Ja, das ist richtig erschreckend!
Gut, dass es mal aufgedeckt wird...

⛪Bitte, lieber JESUS❤, stehe allen 
betroffenen Kindern bei!!!
 
Palmeros 20.05.2022 11:59
Klavierspielerin : Wo steht eigentlich geschrieben dass Russel ein Adventisten Prediger war ? Wenn du die Adventisten hier explizit benennst , ist es dann deine Absicht diese Glaubensgemeinschaft mit den Zeugen Jehovas in einen Sack zu stecken ?
 
Klavierspielerin2 20.05.2022 12:21
Mit dieser Frage möchte ich dich gerne an die o.g. Artikel Erstellerin verweisen.
 
Palmeros 20.05.2022 12:48
Kopier das doch mal aus Wikipedia und stell es heir rein bitte 
 
Klavierspielerin2 20.05.2022 12:50
Palmeros kann das selbst, gell!
 
Palmeros 20.05.2022 12:51
Nein weil es in Wikipedia so nicht drin steht 
 
Klavierspielerin2 20.05.2022 13:15
Im Moment bin ich nicht gewillt, Recherche für andere zu übernehmen. Wenn wir uns aber mal länger kennen sollten, mach ich das für dich.
 
Klavierspielerin2 20.05.2022 13:19
Vielleicht beruhigt es, mein Augenmerk liegt auf dem Missbrauch, nicht auf Adventisten, ZJs.

Ich sehe dies als ein Phänomen der 68er, wobei ein Geistlicher Missbraucht, evtl. auch einen anderen Grund haben könnte. 
 
Palmeros 20.05.2022 13:39
Mir ging es nur darum dass hier unterschwellig andere Glaubensgemeinschaften evtl.diskreditiert 
werden . Und darum nicht einfach etwas zu behaupten was nicht stimmt . Die meisten lesen 
kurz drüber , prüfen nicht was sie gelesen haben aber registriert wird es trotzdem und unter Umständen einfach weiter behaupted. 
 
Klavierspielerin2 20.05.2022 14:21
Das kann tatsächlich sein, das habe ich ebenfalls schon beobachten müssen.
 
LichtermeerMarburg 20.05.2022 15:10
12:48 Palmeros Die Zeugen Jehovas wurden ursprünglich als "Ernste Bibelforscher" 1881 von dem Adventistenprediger Charles Taze Russell in Pittsburgh (USA) gegründet. Die zunächst lose Vereinigung machte Joseph Franklin Rutherford 1917 zu einer straffgeführten Missions-Organisation, die er 1931 in "Zeugen Jehovas" umbenannte.
 
LichtermeerMarburg 20.05.2022 15:17
Palmeros und wo steht das er kein Adventist war?
 
(Nutzer gelöscht) 20.05.2022 16:41
Abendsonne52
"Netzwerk Sektenausstieg und Stichwort Silent Lambs"

Das ist gut. Es gab aber noch eine bessere Seite. Dort haben die EX-ZJ ihre Lebensgeschichte erzählt. Diese Seite ist verschwunden. Unzähliche Berichte über schwere Misshandlung und schweren Missbrauch bis hin zu psychischer Gewalt waren an der Tagesordnung. Alles unter dem Deckmantel der Bibel, „Ein Kind braucht die Züchtigung“.
 
(Nutzer gelöscht) 20.05.2022 16:51
ZJ kritisieren die RKK wegen Kindesmissbrauchsfällen und der Nazis-Zeit. Nur die ZJ waren so mutig und stellten sich gegen das Nazi Regime. Damit wollen sie zeigen wie schlecht die Kirche ist und wie edel die ZJ gehandelt haben. Weiße Weste. Wir tun so etwas nicht!

Das erzwungene Schweigen der Opfer wodurch diese weiße Weste der ZJ erhalten werden soll. Anwälte werden eingeschaltet um Zeugen und kritische Blogs zu schließen. Der Sohn eines Ältesten missbraucht ein Mädchen und die Eltern werden aus der Gemeinschaft ausgeschlossen, als sie ihn anzeigten. Als ich ihnen das aufzeigte, was kam?

„Das ist alles frei erfunden!“
 
(Nutzer gelöscht) 20.05.2022 16:54
@Palmeros
Wieso Russel? Stammen die STA und ZJ nicht aus der Miller Bewegung?
 
hansfeuerstein 20.05.2022 18:53
Das Ganze kommt in der gesamten Gesellschaft vor allem daher, dass sie in Ober und Unter denken. Die Ober haben generell das Sagen über die Unter, und es muss viel passieren, bis ein Unter mal einen Ober an seinem Treiben hindern kann. Das gilt ganz allgemein, und breitet sich nur auf allen Ebenen aus.
 
Palmeros 20.05.2022 19:51
STA Gründer Joseph Bates,
James White,
Ellen White,
John N. Andrews
Gründungsdatum 21. Mai 1863
 
Palmeros 20.05.2022 19:53
1869 wurde er von dem adventistischen Prediger Jonas Wendell angeregt, sich intensiv dem Studium der Bibel zu widmen. Russell meinte später dazu: „Ich bekenne daher, dass ich sowohl den Adventisten als auch anderen Denominationen Dank schulde.“ 
 
Palmeros 20.05.2022 19:53
So stehts übrigens in Wikipedia - Er war kein Adventist
 
Melsheimer 20.05.2022 20:20
Zeugen Jehovas sind in vielen Ländern aufgeflogen, dass sie Sexualstraftäter schützen um "keinen Schmach auf den Namen Jehovas zu bringen": diese umfangreiche Website spricht Bände: https://en.wikipedia.org/wiki/Jehovah%27s_Witnesses%27_handling_of_child_sex_abuse 

Abgesehen davon protestieren aktuell über 50.000 Bundesbürger dagegen, dass sich JW org alias Zeugen Jehovas als Körperschaft des öffentlichen Rechts ausgeben und damit Werbung betreiben: https://chng.it/jHGFJ6Jw
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