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Die Schönheit der Heiligkeit Gottes

Die Schönheit der Heiligkeit Gottes
Reflexionen über Jonathan Edwards und Religious Affections sowie Ableitungen hinsichtlich einer kranken Kirche. (Frank Laffin)

Ich bin ein Christ auf der Suche nach Antworten. Zwischen meiner Bekehrung und meiner Erweckung liegen Welten. Was ich vor vielen Jahren als vernünftig erachtet habe (ein Leben aus der Vergebung Gottes durch Jesus Christus), hat erst vor wenigen Jahren mein Herz erreicht. Seitdem (er)lebe ich mein Christsein ganz anders. Und ich frage mich: Was genau macht den Unterschied aus? Was ist anders geworden auf dem Weg vom „normalen“ Christen zum „erweckten“ Christen, dessen Kennzeichen eine leidenschaftliche Liebe zu Jesus und zur verlorenen Welt ist und das fortwährende Staunen über die Gnade Gottes, die Sehnsucht nach Bibel und Gebet und das unerschütterliche Vertrauen in göttliche Wahrheiten- kurz: die Freude an heiligen Dingen?

Und wie kommt es, dass ich zunehmend unsere Kirchen und Gemeinden als Gruppen wahrnehme, in welchen die meisten diese Freude nicht teilen? Zu oft habe ich den Eindruck, unsere Gemeinden bestehen aus Menschen, denen der Glaube an Gott ebenfalls nur als vernünftig erscheint, christian correctness sozusagen, und deren Engagement ebenfalls vernünftig ist, weil sozial verträglich oder nächstenliebend, deren Herz aber seltsam unbeteiligt wirkt, wenn es um das Verkosten heiliger Dinge geht. Dies sieht man an ihrer Ratlosigkeit bzgl. geistlicher Themen, ihrer Priorisierung in Familie und Alltag (Zeit und Geld) und der Erfahrungslosigkeit in geistlichen Übungen, ihrer Menschenfurcht und der Kraftlosigkeit des Glaubens in Krisenzeiten oder auch an einem enormen (weltlichen) Sicherheitsbedürfnis. Gleichzeitig nehme ich bei anderen Christen eine starke Frontenbildung wahr, Lieblosigkeit und Stolz gegenüber Gläubigen anderer Denominationen.

Mich treibt die Frage um: Warum ist Kirche so kraftlos geworden? ...

Ich werde das Gefühl nicht los, dass es etwas mit dem Frühling des inneren Lebens dieser Menschen zu tun hat, der wiederum Anderen noch fehlt. Hierfür suche ich nach Antworten und ich meine sie in Jonathan Edwards (1703-1758, Pastor in Neuengland und zentrale Figur der amerikanischen Erweckungs-bewegung) gefunden zu haben.
In seinem Buch Religious Affections (dt. „Sind religiöse Gefühle zuverlässige Anzeichen für wahren Glauben?&ldquozwinkerndes Smiley von 1746 reflektiert er die Erweckungs-erlebnisse der 1730er Jahre und bewertet sie hinsichtlich ihrer Beweisgültigkeit für eine Echtheit des Glaubens.

Vieles von dem, was ich Edwards Buch gelesen habe, habe ich so oder ähnlich bei mir selbst und bei Anderen beobachtet und selten so viel in einem Buch markiert, angestrichen und notiert. In anderen Worten: It´s my story! Deswegen möchte ich im Folgenden eine Zusammenfassung der wichtigen Leitideen aus Edwards Schrift geben um anschließend auf mögliche Folgen für unsere Gemeinden zu schließen.
    
In einer früheren Schrift The Distinguish Marks of a Work of the Spirit of God (1741) konstatiert Edwards fünf Eigenschaften einer authentischen Erweckung (S. 17):

(a) Christus wird verkündigt
(b) das Reich des Bösen wird angegriffen
(c) die Schrift wird geehrt
(d) gute Lehre wird gefördert
(e) die Liebe zu Gott und den Menschen nimmt zu.

Erweckte Menschen sind demnach welche, die bleibend ein neues Prinzip in ihrer Person und ihrem Charakter verinnerlicht haben. Dieses Prinzip hat Auswirkungen auf ihr Leben und ihre Frömmigkeit. Edwards Kernthema ist die These, wahre Religiosität (=Glaube) bestehe zu einem großen Teil aus heiligen Empfindungen (=Gefühlen) und hier v.a. aus den Gefühlen Liebe, Verlangen, Hoffnung, Freude, Dankbarkeit und Zufriedenheit aber auch die Furcht vor Gott und der Hass gegen das Böse.

Er bekräftigt. „Wer nur lehrmäßige Kenntnis und theoretisches Wissen hat, ohne Empfindungen, hat sich niemals auf die Tugend des Glaubens eingelassen. […] Viele hören oft das Wort Gottes und kennen es. Doch es wird völlig unwirksam bleiben und ihr Verhalten oder ihren Charakter nicht verändern, wenn sie nicht durch das innerlich berührt werden, was sie hören. […] Niemals wurde das Leben von jemandem in bedeutender Weise verändert, wenn das Herz nicht zutiefst berührt wurde.“ (S. 47f)

Hervorstechender Ausdruck dieser Gefühle sind beständiger Hunger und Durst nach Gott sowie eine fortschreitende Sehnsucht nach göttlichen Dingen. Kritikern eines „Zuviels“ religiöser Gefühle begegnet Edwards, indem er davon ausgeht, dass Christen ohne diese Empfindungen geistlich tot seien, da die Wirkungen des Heiligen Geistes immer „mächtig und belebend“ (S. 65) seien sowie das Herz anrühren. Wer religiöse Gefühle abwertet, verhärte in Wahrheit die Herzen der Menschen, „ermutige sie zur Torheit“ und habe sie in Wahrheit vermutlich nie gehabt. (ebd.) Stattdessen schlägt Edwards vor, geistliche Bücher, Predigten und Liturgien zu fördern, welche die Anbetung Gottes stärken, weil davon (!) der Gläubige zur vollkommenen Freude geführt wird und seinen Lebenssinn erfüllt. Hier orientiert sich Edwards am Westminster Katechismus (1647), der das höchste Ziel des Menschen so definiert: „Gott [zu] verherrlichen und sich für immer an ihm zu freuen.“...

Abschließend bekräftigt Edwards, dass sich jeder wahre Glaube in Taten und Leben beweisen muss., ohne dass jedoch Taten und Leben an sich Belege eines wahren Glaubens wären. Hier wendet er sich entschieden gegen ein „easy believism“ auf der einen Seite und gegen reinen Aktivismus auf der anderen Seite.

Fazit:
Religious Affections  ist m.E. ein Buch, das Antworten gibt auf die Fragen nach einer kraftlosen Kirche, so unbequem sie auch sein mögen. Diese lauten für mich:
1. Christen sind zu sehr mit sich selbst beschäftigt. Dies äußert sich z.B. in der nie enden wollenden Debatte um ein Zuviel oder Zuwenig an Gefühlen oder erschöpft sich ein theologischen Grabenkämpfen zur Gewinnung von Deutungshoheiten der Rechtgläubigen.

2. Es gibt (leider) noch viel zu wenig erweckte Christen in den Gemeinden, die einen geistlichen Geschmack und Appetit entwickelt haben. Ich zitiere das vielfach angeführte Wort von Karl Rahner: „Der Gläubige von morgen wird ein Mystiker sein oder er wird überhaupt nicht mehr sein.“ (4)  Grund hierfür ist

3. zu wenig Lehre über die unerschöpfliche und faszinierende Heiligkeit Gottes. Denn nur wer fasziniert ist, wird sein Leben nachhaltig verändern. Und

4. zu wenig Motivation und Anleitung zu einem Lebensstil des Gebets. Nur wer einmal geschmeckt hat, bekommt wieder Hunger. Hier fehlt es jedoch an Kompetenzen.

https://glaubensschritte.com/2018/04/21/die-schoenheit-der-heiligkeit-gottes/

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Der Fromme der Zukunft: ein Mystiker?

Der „Fromme von morgen“ werde „ein ‚Mystiker’ sein, einer, der etwas erfahren hat, oder er wird nicht mehr sein“

( KARL RAHNER, Frömmigkeit früher und heute).

Thesen:
Mystiker(innen) sind christlich häufig Krisen-Menschen, die auf die Veräußerlichung des Glaubens reagieren – und darauf, dass die institutionellen Formen der Frömmigkeit und die geläufigen religiösen Sprachwelten ihre „Performanz“ verlieren.
Religiöse Sprach- und Formenwelten büßen ihre Bedeutung ein, weil die lebendigsten Menschen einer Zeit sich in ihnen nicht mehr ausdrücken können und neue Ausdrucksmöglichkeiten für ihre Gottergriffenheit „erarbeiten“ müssen. Man findet sich und das, was man erfahren hat, nicht mehr gemeint in den offiziellen Formen und Formeln; die Menschen werden von ihnen offenkundig nicht mehr in der Mitte ihres Daseins erreicht.

Authentische Frömmigkeit bringt das „Innerste“ der Menschen, ihr innerstes Berührt- und Beteiligtsein ins Spiel. Wo sie nicht mehr von diesem Innersten her gelebt wird, ist sie nicht mehr lebendig. Aber was meint diese Metapher der Innerlichkeit? Martin Walser gibt den triftigen Hinweis:

„Gefühle sind ja, anders als Gedanken, das Innerste. Sie bestimmen, wie ich mich fühle.“ Sie bestimmen unverfügbar, aber verfälschbar, meine Gestimmtheit. Und sie können sozialisiert und „kultiviert“, sublimiert werden.

Traditionellen Frömmigkeitsformen:

…. Wahrnehmung einer innersten, von der Sünde gewirkten Unfreiheit, in welcher der Mensch sogar den Geschmack am Guten verliert, von der Faszination Gottes und seiner Erwählung gar nicht mehr erreicht werden kann, so dass er zuinnerst durch das Geschenk des Heiligen Geistes – der Rechtfertigung – zur Freiheit der Kinder Gottes freigesetzt werden muss.

Jürgen Werbick, Münster

Kommentare

 
KaeptnHaddock 24.05.2021 13:22
Herr Edwards ist mir deutlich sympathisch. Ich sehne mich auch danach, dass mehr und mehr Gemeinden wirklich erweckt Leben und Erweckung erleben. Schade, dass mein alter Pastor, Wolfram Kopfermann eine kommende Erweckung nicht mehr selber erlebt hat. Aber er kann sie vom Himmel aus sehen
 
Autumn 24.05.2021 14:06
Gestern hat ein user in der Gebetsecke seine Verwunderung/Enttäuschung kundgetan:

" ... 
It’s been a hard journey in Berlin.
I can’t find a lot of Christian people here.
I am a little confused!.
Germany is the capital of Lutheran church!
Lord need your help. "


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Ähnliches habe ich schon von anderen Zuwanderern/Gästen gehört.
Am Auffallendsten ist es, wenn sie aus (ehemaligen) Missionsländern hierher kommen.
Oder aus Ländern, wo Christen verfolgt werden. Diese verstehen nicht, warum wir unseren Glauben verstecken oder er keine Rolle zu spielen scheint.
 
jutta64 24.05.2021 15:05
Hab mir die Mühe gemacht den ganzen Text zu lesen. Den Autor kenne ich leider nicht. Ja die Kirche bzw etliche kommen mir manchmal wie im Dornröschen Schlaf vor.

Wie macht Mann es richtig ohne extrem rüber zukommen oder Menschen zu überfahren.

Ich glaube aber das ich in meiner Gemeinde am rechten Platz bin.

Es gibt auch extreme bei Gemeinde und Selbstdarstellung , bis zur Selbstaufgabe mancher Mitglieder.

Tolle Gedanken und nachdenklich was du geschrieben hast 
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