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Taufbewerber in der RKK/ EKD/ FeG- Katechumenat
01.03.2024 13:37
Taufbewerber in der RKK/ EKD/ FeG- Katechumenat
01.03.2024 13:37
Taufbewerber in der RKK/ EKD/ FeG- Katechumenat
Katechumenat
Ernst Werner
(erstellt: Februar 2022)
Artikel als PDF
Permanenter Link zum Artikel: https://bibelwissenschaft.de/stichwort/201035/
Digital Object Identifier: https://doi.org/10.23768/wirelex.Katechumenat.201035
Inhalt
1. Entwicklung des Katechumenats
1.1. Entfaltung des Katechumenats in den ersten Jahrhunderten
1.2. Verfall des Katechumenats
1.3. Wiederherstellung des Katechumenats
2. Phasen und Stufen des Katechumenats
2.1. Die Phase der Erstverkündigung
2.2. Die Phase des Katechumenats
2.3. Die Phase der mystagogischen Vertiefung
3. Liturgische Feiern
3.1. Die Feier der Aufnahme
3.2. Die Feier der Zulassung zur Taufe
3.3. Die Feiern in der Zeit der entfernteren Vorbereitung
3.3.1. Gebete, Segnungen und Salbungen
3.3.2. Übergabe des Glaubensbekenntnisses
3.3.3. Übergabe des Vaterunsers
3.4. Die Feiern in der Zeit der näheren Vorbereitung
3.5. Prozesshafte Dimension der liturgischen Feiern
4. Begleitung
4.1. Die Katechumenatsgruppe
4.2. Begleiterinnen und Begleiter
5. Situation des Katechumenats in Deutschland
5.1. Übersicht
5.2. Erwachsenentaufe in evangelischen Kirchen
5.3. Katechumenat mit Geflüchteten
6. Chancen des Katechumenats
Literaturverzeichnis
PDF-Archiv
Der Katechumenat ist nach gegenwärtigem katholischen Verständnis der Weg der Vorbereitung ungetaufter Erwachsener und Jugendlicher ab 14 Jahren auf die Eingliederung in die Kirche. Er ist Einführung und Einübung in christliches Leben und Glauben sowie in die Feiern des Glaubens, also mehr als eine bloße Vermittlung der Glaubensinhalte. Der Katechumenat ist in verschiedene Phasen und Stufen gegliedert, die dem Prozesscharakter eines Glaubensweges (→ Glaubenskurs) entsprechen. Höhepunkt, aber nicht Abschluss, ist die Feier der Sakramente (→ Sakramentenkatechese/-pastoral) des Christwerdens, Taufe, Firmung (→ Firmung/Firmkatechese) und Eucharistie (→ Abendmahl/Eucharistie). In einer Zeit, in der die traditionellen, volkskirchlichen Wege des Christwerdens an Wirkung verlieren, gewinnt der Katechumenat an Bedeutung.
Im evangelischen Kontext wurde als Katechumenat abgesehen von einer institutionalisierten Taufvorbereitung auch Unterricht nach der Taufe bezeichnet. Breit entfaltet wird der Begriff evangelischerseits von Carl Adolf Gerhard von Zezschwitz (1825-1886) (Kretschmar/Hauschildt, 1989, 5-6). Der früher vor allem im Kontext der evangelischen Kirche gebräuchliche Begriff des kirchlichen Gesamtkatechumenats bezieht sich auf die gesamte christliche Unterweisung in Familie, Kirche und Schule. Wieder neu aufgenommen wird ein Verständnis von Katechumenat als Unterricht nach der Taufe nach Beendigung des Zweiten Weltkriegs bis in die 1960er Jahre hinein, unter anderem von Walter Baltin (Kretschmar/Hauschildt, 1989, 5-6; Doyé, 2007, 32-36).
1. Entwicklung des Katechumenats
Das Neue Testament kennt noch keine feste Form der Vorbereitung auf die Aufnahme in die → Gemeinde. Unter dem Einfluss der Naherwartung geschieht die Eingliederung spontaner und unmittelbarer. Jedoch bilden die Verkündigung des Evangeliums sowie die persönliche Annahme der Botschaft unabdingbare Voraussetzungen für die Aufnahme in die christliche Gemeinde (zur Entwicklung des Katechumenats: Kretschmar/Hauschild, 1989; Tebartz van Elst, 1993, 38-63; Werner, 2011, 376-378).
1.1. Entfaltung des Katechumenats in den ersten Jahrhunderten
Auseinandersetzung und Abgrenzung gegenüber heidnischen Religionen (→ Religion) und Weltanschauungen führen im zweiten und dritten Jahrhundert zu einer festen Form der Vorbereitung auf den Eintritt in die Kirche. Der strukturierte Weg des Christwerdens im Katechumenat entfaltet sich zeitgleich in Palästina, Rom und Nordafrika.
Die Vorbereitungszeit dauert in der Regel drei Jahre. Einführung in den Glauben (→ Glaube) und das Leben der Christinnen und Christen ist das Ziel der Katechesen (→ Katechese/Katechetik). Liturgische Feiern beziehen sich auf Phasen und Stufen des Glaubensweges und drücken unterschiedliche Stufen der Zugehörigkeit zur Kirche aus. Während der Vorbereitungszeit nehmen die Katechumenen am sonntäglichen Gottesdienst (→ Gottesdienst, evangelisch; → Gottesdienst, katholisch) teil, werden aber nach der Wortverkündigung entlassen.
Die Bewerberinnen und Bewerber unterliegen klaren und zum Teil einschneidenden Zulassungskriterien, die sich vor allem auf ihre Lebensführung beziehen. Sie sollen z.B. Berufe aufgeben, die zu Götzendienst, Mord und Unzucht führen können. Umkehr und Änderung des Lebens sind unabdingbare Voraussetzung für die Aufnahme in die christliche Gemeinde. Längst nicht alle Bewerberinnen und Bewerber werden als Katechumenen zugelassen. Eine wichtige Rolle spielen dabei andere Christen und Christinnen als Bürgen für die Bewerber. Die intensive Zeit der Vorbereitung auf den Empfang der Sakramente beginnt sechs Wochen vor Ostern. Die Katechumenen werden vom Bischof in einem eigenen Stufengottesdienst noch einmal auf ihre Lebensführung und ihre Glaubenssituation geprüft, um dann als electi (Gewählte) im Namen der Kirche zur Feier der Sakramente in der kommenden Osternacht zugelassen zu werden.
1.2. Verfall des Katechumenats
In Folge der konstantinischen Wende verändern sich Bedingungen und Motive für das Christwerden. Die Zugehörigkeit zur Kirche ist weniger Ausdruck des Glaubens, sondern eher gesellschaftlich bedingt. Christ oder Christin zu sein, ist mit gesellschaftlichen Vorteilen verbunden. Der Niedergang des Katechumenats ist nicht mehr aufzuhalten; die Zeit der Vorbereitung schmilzt zusammen auf die sechswöchige Fastenzeit. Schließlich führt die zunehmende Praxis der Kindertaufe – nicht ohne den Einfluss der Erbsündenlehre des heiligen Augustinus (→ Augustinus von Hippo) – zum Verfall des Katechumenats.
Dieser Verlust bedeutet weitaus mehr als die Aufgabe einer bestimmten Praxis. Vielmehr steht dahinter ein fundamentaler Bedeutungswandel der theologischen Sinndeutung der Sakramente. Sie verlieren ihre Bedeutung als Feiern kirchlich-gemeinschaftlicher Selbstvollzüge. Stattdessen steht jetzt die individuelle Bedeutung der Sakramente im Vordergrund: Sie sind primär Heilsmittel für Einzelne. Kinder davor zu retten als Ungetaufte zu sterben, wird zum bestimmenden Motiv der Taufe.
Das Verschwinden des Katechumenats im frühen Mittelalter ist durch innere und äußere Veränderungen der Kirche bedingt: Die Kindertaufe wird zur Regel. Bei der Missionierung (→ Mission, christliche) der Germanen werden ganze Stämme nach nur kurzer Vorbereitung getauft. Aufnahme in die Kirche bedeutet Herrschaftswechsel, ohne Bezug zu einer persönlichen Glaubensentscheidung. Im Kontext der Reichs- und Volkskirche ist es daher selbstverständlich, dass die gesamte Bevölkerung von klein auf wie selbstverständlich zur Kirche gehört.
1.3. Wiederherstellung des Katechumenats
Französische Theologen, die sich mit der massiven Säkularisierungswelle (→ Säkularisierung) in ihrem Land zu Beginn des 20. Jahrhunderts auseinandersetzen, stoßen dabei auf die inspirierenden Impulse des frühchristlichen Katechumenats. Damit erbringen sie wichtige Vorarbeiten für eine Erneuerung des altkirchlichen Katechumenats.
Das Zweite Vatikanische Konzil (1962-1965) gibt den Auftrag zur Wiederherstellung des mehrstufigen Katechumenats für Erwachsene. In der Liturgiekonstitution (Sacrosanctum Concilium, 64) heißt es: „Ein mehrstufiger Katechumenat für Erwachsene soll wiederhergestellt und nach dem Urteil des Ortsordinarius eingeführt werden.“ (Zweites Vatikanisches Konzil, 1963).
Das Missionsdekret (Ad Gentes, 14) des Konzils kennzeichnet die grundlegende Ausrichtung des Katechumenats:
„Dieses besteht nicht in einer bloßen Erläuterung von Lehren und Geboten, sondern in der Einführung und genügend langen Einübung im ganzen christlichen Leben, wodurch die Jünger mit Christus, ihrem Meister, verbunden werden“. (Zweites Vatikanisches Konzil, 1965).
1972 erscheint der für die gesamte Kirche gültige römische Modellritus für die Eingliederung Erwachsener unter dem Titel „Ordo Initiationis Christianae Adultorum“. Eine deutsche Übersetzung liegt seit 1975 mit der Studienausgabe „Die Feier der Eingliederung Erwachsener in die Kirche“ vor. Der erste Teil dieses liturgischen Buches mit der Grundordnung des Katechumenats und den liturgischen Feiern wird in überarbeiteter und angepasster Form 2001 zur Erprobung veröffentlicht (Liturgische Institute Deutschlands, Österreichs und der Schweiz, 2001).
2. Phasen und Stufen des Katechumenats
Charakteristisch für den Weg der Erwachseneninitiation ist der prozesshafte Charakter mit verschiedenen Phasen und Stufen, in denen die Wachstumsschritte des persönlichen Glaubens und die unterschiedlichen Stufen der Zugehörigkeit zur Kirche zum Ausdruck kommen. Unterschieden werden drei Phasen; die Übergänge von einer Phase zur anderen werden liturgisch begangen (DBK, 2001, 17-20; Werner, 2011, 381-383).
2.1. Die Phase der Erstverkündigung
Es ist eine Zeit erster Kontakte und Begegnungen mit Christinnen und Christen und dem christlichen Glauben. Sie sollen zu ersten Schritten der Bekehrung und des Glaubens an den Gott Jesu Christi führen. Wenn der ausdrückliche Wunsch gewachsen ist, getauft zu werden und sich auf den Weg der Vorbereitung einzulassen, ist der Abschluss dieser Phase erreicht.
2.2. Die Phase des Katechumenats
Mit der Feier der Aufnahme in den Katechumenat beginnt die Zeit des eigentlichen Katechumenats. Es ist eine Zeit der grundlegenden Einführung und Einübung in den christlichen Glauben, in das Leben als Christ oder Christin und damit in die lebendige Gemeinschaft mit Jesus Christus.
Es geht um die Verknüpfung von drei grundlegenden Bereichen: die Lebensgeschichten der beteiligten Personen, die Grundbotschaft des Glaubens, liturgische Glaubensvollzüge (Gebet, Feiern der Stufengottesdienste des Katechumenats, angemessene Weise der Mitfeier des Gemeindegottesdienstes).
Einen wichtigen Einschnitt bildet die Feier der Zulassung zur Taufe, in der Regel mit dem Bischof. Es folgt die unmittelbare Vorbereitung auf den Empfang der Sakramente des Christwerdens.
2.3. Die Phase der mystagogischen Vertiefung
Zum Katechumenatsweg gehört schließlich eine Zeit der Vertiefung nach der Feier der Initiationssakramente. Es geht darum, das, was in den Sakramenten gefeiert worden ist, nachträglich zu reflektieren und das Erlebte zu vertiefen.
Zugleich ist es eine Zeit des Übergangs: Glaube und Christsein der Neugetauften müssen sich im Alltag bewähren können. Diese letzte Phase der Begleitung im Katechumenat soll den „Neuchristinnen und Neuchristen“ dabei helfen, ihren Ort in Gemeinde, Kirche und der → Gesellschaft zu finden und zu erproben. Sie sollen entdecken, wie sie als Christinnen und Christen ihren Alltag leben und gestalten können.
Wenn die Feier der Eingliederungssakramente in der Osternacht stattfand, sollte diese Phase bis Pfingsten dauern und weiterhin von der Katechumenatsgruppe begleitet werden.
3. Liturgische Feiern
Die gottesdienstlichen Feiern des Katechumenats kennzeichnen die Stationen des Glaubensweges. Sie entsprechen dem Prozess wachsenden Glaubens.
Die wichtigsten Feiern sind die Feier der Aufnahme in den Katechumenat und die Feier der Zulassung zur Taufe (Liturgische Institute Deutschlands, Österreichs und der Schweiz, 2001; DBK, 2001, 27-36; Ball, 1997, 87-123).
3.1. Die Feier der Aufnahme
Mit der Feier der Aufnahme in den Katechumenat werden Bewerberinnen und Bewerber nach der vorangegangenen Zeit der Erstverkündigung als Katechumenen anerkannt und in den Katechumenat aufgenommen.
Mit dieser Feier treten Katechumenen in die Öffentlichkeit der Gemeinde. Die Gemeinde nimmt sie als Taufbewerberinnen und Taufbewerber an und bringt damit zum Ausdruck, dass der Glaubensweg eine kirchliche Dimension hat und nicht nur ein „privates Geschehen“ ist.
Besondere Bedeutung bei der Gestaltung dieser Feier haben die Bezeichnung mit dem Kreuz und die Überreichung der Heiligen Schrift.
3.2. Die Feier der Zulassung zur Taufe
Die Katechumenen haben christliches Leben und Glauben kennengelernt und sind bereit, ihr eigenes Leben danach zu deuten und zu gestalten. Sie bekräftigen nun ihren Wunsch, die Sakramente der Eingliederung – Taufe, Firmung und Eucharistie – zu empfangen. Katechumenatsbegleiterinnen und -begleiter sowie die Patinnen und Paten bezeugen vor der Gemeinde die Ernsthaftigkeit dieses Wunsches. Der persönliche Glaubensweg erfährt seine amtliche Bestätigung in der Liturgie der Kirche. Dies wird besonders deutlich, wenn der Ortsbischof diese Feier für alle Katechumenen des Bistums leitet (Liturgische Institute Deutschlands, Österreichs und der Schweiz, 2001, 84-101).
3.3. Die Feiern in der Zeit der entfernteren Vorbereitung
3.3.1. Gebete, Segnungen und Salbungen
Zum Weg der Katechumenen gehört das Vertrautwerden mit liturgischen Formen kirchlicher Gottesdienste. Dazu gehören das Gebet, Segnungen und die – wiederholbare – Salbung mit Katechumenenöl. Den Katechumenen soll in den kirchlichen Zeichenhandlungen die Zuwendung Gottes erfahrbar werden.
3.3.2. Übergabe des Glaubensbekenntnisses
Die grundlegende Bedeutung des Glaubensbekenntnisses kommt im Katechumenat durch eine eigene Feier der Übergabe zum Ausdruck. Die Symbolik des Übergebens dieser Urkunde des Glaubens macht deutlich, dass der Glaube vom Hören kommt und dass sich kein Mensch den Glauben selbst macht.
3.3.3. Übergabe des Vaterunsers
Das Vaterunser ist das Gebet, das Jesus seinen Jüngern mitgegeben hat. Die christliche Gemeinde lädt die Taufbewerberinnen und -bewerber in einem eigenen, kurzen Ritus dazu ein, dieses Gebet durch die Verkündigung der entsprechenden Verse aus dem Matthäusevangelium (Mt 6,9-13) zu übernehmen.
3.4. Die Feiern in der Zeit der näheren Vorbereitung
Die Zeit der näheren Vorbereitung dauert in der Regel sechs Wochen, die nach Möglichkeit mit der Österlichen Bußzeit zusammenfallen sollte. Eigene Riten während dieser Zeit sind drei Stärkungsriten am dritten, vierten und fünften Fastensonntag. Sie sollen die Haltung der Umkehr auf Jesus Christus hin und der Abkehr von allem, was dem Geist Jesu Christi widerspricht, bekräftigen. Der Karsamstag ist dann der Tag der unmittelbaren Vorbereitung auf die Feier der österlichen Sakramente und sollte einen Raum zur Sammlung und inneren Vorbereitung sein.
3.5. Prozesshafte Dimension der liturgischen Feiern
Die liturgische Feier der Aufnahme in den Katechumenat ist bereits der erste Schritt der sakramentalen Initiation. Das liturgische Tun hat eine zeitliche, prozesshafte Ausdehnung. Die Feier des Sakramentes ist nicht mehr als punktuelle Gnadenvermittlung zu sehen, sondern als Feier wachsenden Glaubens über einen längeren Zeitraum hin.
4. Begleitung
Menschen, die sich auf den Weg des Christwerdens eingelassen haben, brauchen Unterstützung und Begleitung durch andere Menschen, durch Christen und Christinnen, die bereit sind, ihre Lebens- und Glaubenserfahrungen mit ihnen auszutauschen und zu teilen (Ball, 1997, 71-86; DBK, 2001, 24-26; Werner, 2011, 384-385).
4.1. Die Katechumenatsgruppe
Dies soll vor allem in der Katechumenatsgruppe geschehen. Eine solche Gruppe bildet sich zum einen mit Menschen aus dem persönlichen Umfeld der Bewerberinnen und Bewerber, z.B. der Ehepartner, die Verlobte, der Freund oder die Freundin. Zum anderen sind es Christinnen und Christen der Gemeinde, die für die wechselseitige Verbindung zwischen Gruppe und Gemeinde sorgen.
Eine besondere Verantwortung in der Katechumenatsgruppe hat der Leiter beziehungsweise die Leiterin der Gruppe. Er beziehungsweise sie sorgt für geeignete Rahmenbedingungen, ist verantwortlich für Themen und Inhalte sowie für die gottesdienstlichen Feiern und Riten des Katechumenats.
Ferner kommt der Patin oder dem Paten als Glaubensbegleiter eine besondere Rolle zu – auch über die Dauer des Katechumenats hinaus.
4.2. Begleiterinnen und Begleiter
Die Katechumenen haben eine aktive Rolle in diesem Lernprozess. Sie sind nicht nur Empfangende, sondern bringen ihre bisherige Lebensgeschichte, ihre Sprache und ihre Sicht der Dinge in den katechetischen Prozess mit ein. Ihre Begleiter und Begleiterinnen sind dementsprechend nicht „Glaubensvermittler“, die ein fertiges Glaubenswissen an Nichtwissende weitergeben; vielmehr sind sie „Glaubensbegleiter“, die selbst auf dem Weg sind und immer wieder neu danach fragen, wie Christsein gelebt und gestaltet werden kann.
5. Situation des Katechumenats in Deutschland
5.1. Übersicht
Etwa 2500 Erwachsene wurden im Jahr 2019 in der katholischen Kirche getauft. Es lässt sich nicht feststellen, inwieweit die jeweilige Taufvorbereitung im Sinne des Katechumenats durchgeführt wurde. Dass der Katechumenat jedoch keine Randerscheinung ist, zeigt sich daran, dass in nahezu allen Diözesen in Deutschland regelmäßig am ersten Fastensonntag diözesane Zulassungsfeiern unter Leitung des Bischofs stattfinden. Auch wenn nicht alle Taufbewerberinnen und -bewerber eines Bistums daran teilnehmen, haben die Feiern der Zulassung die Aufmerksamkeit für die Erwachseneninitiation in der Öffentlichkeit verstärkt.
Jedoch ist nicht allen Verantwortlichen in Pfarreien und Diözesen die Bedeutung des Katechumenats und seiner pastoralen Perspektiven bewusst. Die Praxis der Taufvorbereitung Erwachsener vor Ort orientiert sich nur bedingt an den kirchlichen Vorgaben. Die Bildung einer Katechumenatsgruppe ist nicht selbstverständlich, der Gemeindebezug kaum ausgeprägt. Die Begleitung der Katechumenen liegt oft allein in den Händen hauptamtlicher Seelsorgerinnen und Seelsorger. Die Integration in das bestehende Gemeindeleben erweist sich als schwierig. Theologische Grundlagen und pastorale Elemente des Katechumenats werden kaum als Perspektiven für eine Neuorientierung und missionarische Ausrichtung von Kirche und Gemeinden gesehen (Becker, 2021). Es fehlt weitgehend am Bewusstsein für eine solche verändernde Kraft des Katechumenats.
5.2. Erwachsenentaufe in evangelischen Kirchen
Eine ausführliche, mehrstufige Vorbereitung Erwachsener auf die Taufe ist in evangelischen Kirchen praktisch unbekannt (Peters, 2021).
So stellt ein EKD-Text zur (Wieder-)Aufnahme in die Kirche aus dem Jahr 2009 fest:
„Regelsituation in einer Kirchengemeinde ist der vereinzelte Taufwunsch, nicht selten verbunden mit hoher Dringlichkeit. Die Taufvorbereitung verläuft oft ‚handgestrickt‘ und hat meist die Form einer Reihe von Gesprächen, die sich häufig nach Umfang und Zahl an den aktuellen Möglichkeiten pastoraler Terminkalender orientieren.“ (EKD, 2009, 48).
Zugleich räumt der Text ein:
„Diese Praxis wird von beiden Seiten nicht selten als unbefriedigend wahrgenommen. Wünschenswert ist daher eine Verständigung über den Umfang der Taufvorbereitung sowie über Themen und Arbeitsformen, etwa in Analogie zu den Rahmenordnungen für die Konfirmandenarbeit“ (EKD, 2009, 48).
Das Fehlen einer entfalteten Katechumenatspraxis spiegelt sich auch in den Agenden (liturgische Grundordnungen) der beiden Kirchenbünde wider. So finden sich in den Einführungen der Taufagenden der Lutherischen (VELKD) und der Unierten (UEK) Kirchen (1998 und 2000) nur sehr zaghafte Andeutungen einer längeren Taufvorbereitung Erwachsener; liturgische Formulare dafür fehlen ganz. Der Entwurf für eine gemeinsame Taufagende von UEK und VELKD (2018) enthält jedoch schon ein Formular für die „Aufnahme von Taufbewerbern/Taufbewerberinnen“ sowie den Vorschlag für eine (regelmäßige) Fürbitte für Taufbewerberinnen und -bewerber als Element des gemeindlichen Fürbittgebets (EKD, 2018, 263-266;352).
5.3. Katechumenat mit Geflüchteten
Migrations- und Fluchtbewegungen in den letzten Jahren führen zu einer bisher nicht gekannten Problem
Ernst Werner
(erstellt: Februar 2022)
Artikel als PDF
Permanenter Link zum Artikel: https://bibelwissenschaft.de/stichwort/201035/
Digital Object Identifier: https://doi.org/10.23768/wirelex.Katechumenat.201035
Inhalt
1. Entwicklung des Katechumenats
1.1. Entfaltung des Katechumenats in den ersten Jahrhunderten
1.2. Verfall des Katechumenats
1.3. Wiederherstellung des Katechumenats
2. Phasen und Stufen des Katechumenats
2.1. Die Phase der Erstverkündigung
2.2. Die Phase des Katechumenats
2.3. Die Phase der mystagogischen Vertiefung
3. Liturgische Feiern
3.1. Die Feier der Aufnahme
3.2. Die Feier der Zulassung zur Taufe
3.3. Die Feiern in der Zeit der entfernteren Vorbereitung
3.3.1. Gebete, Segnungen und Salbungen
3.3.2. Übergabe des Glaubensbekenntnisses
3.3.3. Übergabe des Vaterunsers
3.4. Die Feiern in der Zeit der näheren Vorbereitung
3.5. Prozesshafte Dimension der liturgischen Feiern
4. Begleitung
4.1. Die Katechumenatsgruppe
4.2. Begleiterinnen und Begleiter
5. Situation des Katechumenats in Deutschland
5.1. Übersicht
5.2. Erwachsenentaufe in evangelischen Kirchen
5.3. Katechumenat mit Geflüchteten
6. Chancen des Katechumenats
Literaturverzeichnis
PDF-Archiv
Der Katechumenat ist nach gegenwärtigem katholischen Verständnis der Weg der Vorbereitung ungetaufter Erwachsener und Jugendlicher ab 14 Jahren auf die Eingliederung in die Kirche. Er ist Einführung und Einübung in christliches Leben und Glauben sowie in die Feiern des Glaubens, also mehr als eine bloße Vermittlung der Glaubensinhalte. Der Katechumenat ist in verschiedene Phasen und Stufen gegliedert, die dem Prozesscharakter eines Glaubensweges (→ Glaubenskurs) entsprechen. Höhepunkt, aber nicht Abschluss, ist die Feier der Sakramente (→ Sakramentenkatechese/-pastoral) des Christwerdens, Taufe, Firmung (→ Firmung/Firmkatechese) und Eucharistie (→ Abendmahl/Eucharistie). In einer Zeit, in der die traditionellen, volkskirchlichen Wege des Christwerdens an Wirkung verlieren, gewinnt der Katechumenat an Bedeutung.
Im evangelischen Kontext wurde als Katechumenat abgesehen von einer institutionalisierten Taufvorbereitung auch Unterricht nach der Taufe bezeichnet. Breit entfaltet wird der Begriff evangelischerseits von Carl Adolf Gerhard von Zezschwitz (1825-1886) (Kretschmar/Hauschildt, 1989, 5-6). Der früher vor allem im Kontext der evangelischen Kirche gebräuchliche Begriff des kirchlichen Gesamtkatechumenats bezieht sich auf die gesamte christliche Unterweisung in Familie, Kirche und Schule. Wieder neu aufgenommen wird ein Verständnis von Katechumenat als Unterricht nach der Taufe nach Beendigung des Zweiten Weltkriegs bis in die 1960er Jahre hinein, unter anderem von Walter Baltin (Kretschmar/Hauschildt, 1989, 5-6; Doyé, 2007, 32-36).
1. Entwicklung des Katechumenats
Das Neue Testament kennt noch keine feste Form der Vorbereitung auf die Aufnahme in die → Gemeinde. Unter dem Einfluss der Naherwartung geschieht die Eingliederung spontaner und unmittelbarer. Jedoch bilden die Verkündigung des Evangeliums sowie die persönliche Annahme der Botschaft unabdingbare Voraussetzungen für die Aufnahme in die christliche Gemeinde (zur Entwicklung des Katechumenats: Kretschmar/Hauschild, 1989; Tebartz van Elst, 1993, 38-63; Werner, 2011, 376-378).
1.1. Entfaltung des Katechumenats in den ersten Jahrhunderten
Auseinandersetzung und Abgrenzung gegenüber heidnischen Religionen (→ Religion) und Weltanschauungen führen im zweiten und dritten Jahrhundert zu einer festen Form der Vorbereitung auf den Eintritt in die Kirche. Der strukturierte Weg des Christwerdens im Katechumenat entfaltet sich zeitgleich in Palästina, Rom und Nordafrika.
Die Vorbereitungszeit dauert in der Regel drei Jahre. Einführung in den Glauben (→ Glaube) und das Leben der Christinnen und Christen ist das Ziel der Katechesen (→ Katechese/Katechetik). Liturgische Feiern beziehen sich auf Phasen und Stufen des Glaubensweges und drücken unterschiedliche Stufen der Zugehörigkeit zur Kirche aus. Während der Vorbereitungszeit nehmen die Katechumenen am sonntäglichen Gottesdienst (→ Gottesdienst, evangelisch; → Gottesdienst, katholisch) teil, werden aber nach der Wortverkündigung entlassen.
Die Bewerberinnen und Bewerber unterliegen klaren und zum Teil einschneidenden Zulassungskriterien, die sich vor allem auf ihre Lebensführung beziehen. Sie sollen z.B. Berufe aufgeben, die zu Götzendienst, Mord und Unzucht führen können. Umkehr und Änderung des Lebens sind unabdingbare Voraussetzung für die Aufnahme in die christliche Gemeinde. Längst nicht alle Bewerberinnen und Bewerber werden als Katechumenen zugelassen. Eine wichtige Rolle spielen dabei andere Christen und Christinnen als Bürgen für die Bewerber. Die intensive Zeit der Vorbereitung auf den Empfang der Sakramente beginnt sechs Wochen vor Ostern. Die Katechumenen werden vom Bischof in einem eigenen Stufengottesdienst noch einmal auf ihre Lebensführung und ihre Glaubenssituation geprüft, um dann als electi (Gewählte) im Namen der Kirche zur Feier der Sakramente in der kommenden Osternacht zugelassen zu werden.
1.2. Verfall des Katechumenats
In Folge der konstantinischen Wende verändern sich Bedingungen und Motive für das Christwerden. Die Zugehörigkeit zur Kirche ist weniger Ausdruck des Glaubens, sondern eher gesellschaftlich bedingt. Christ oder Christin zu sein, ist mit gesellschaftlichen Vorteilen verbunden. Der Niedergang des Katechumenats ist nicht mehr aufzuhalten; die Zeit der Vorbereitung schmilzt zusammen auf die sechswöchige Fastenzeit. Schließlich führt die zunehmende Praxis der Kindertaufe – nicht ohne den Einfluss der Erbsündenlehre des heiligen Augustinus (→ Augustinus von Hippo) – zum Verfall des Katechumenats.
Dieser Verlust bedeutet weitaus mehr als die Aufgabe einer bestimmten Praxis. Vielmehr steht dahinter ein fundamentaler Bedeutungswandel der theologischen Sinndeutung der Sakramente. Sie verlieren ihre Bedeutung als Feiern kirchlich-gemeinschaftlicher Selbstvollzüge. Stattdessen steht jetzt die individuelle Bedeutung der Sakramente im Vordergrund: Sie sind primär Heilsmittel für Einzelne. Kinder davor zu retten als Ungetaufte zu sterben, wird zum bestimmenden Motiv der Taufe.
Das Verschwinden des Katechumenats im frühen Mittelalter ist durch innere und äußere Veränderungen der Kirche bedingt: Die Kindertaufe wird zur Regel. Bei der Missionierung (→ Mission, christliche) der Germanen werden ganze Stämme nach nur kurzer Vorbereitung getauft. Aufnahme in die Kirche bedeutet Herrschaftswechsel, ohne Bezug zu einer persönlichen Glaubensentscheidung. Im Kontext der Reichs- und Volkskirche ist es daher selbstverständlich, dass die gesamte Bevölkerung von klein auf wie selbstverständlich zur Kirche gehört.
1.3. Wiederherstellung des Katechumenats
Französische Theologen, die sich mit der massiven Säkularisierungswelle (→ Säkularisierung) in ihrem Land zu Beginn des 20. Jahrhunderts auseinandersetzen, stoßen dabei auf die inspirierenden Impulse des frühchristlichen Katechumenats. Damit erbringen sie wichtige Vorarbeiten für eine Erneuerung des altkirchlichen Katechumenats.
Das Zweite Vatikanische Konzil (1962-1965) gibt den Auftrag zur Wiederherstellung des mehrstufigen Katechumenats für Erwachsene. In der Liturgiekonstitution (Sacrosanctum Concilium, 64) heißt es: „Ein mehrstufiger Katechumenat für Erwachsene soll wiederhergestellt und nach dem Urteil des Ortsordinarius eingeführt werden.“ (Zweites Vatikanisches Konzil, 1963).
Das Missionsdekret (Ad Gentes, 14) des Konzils kennzeichnet die grundlegende Ausrichtung des Katechumenats:
„Dieses besteht nicht in einer bloßen Erläuterung von Lehren und Geboten, sondern in der Einführung und genügend langen Einübung im ganzen christlichen Leben, wodurch die Jünger mit Christus, ihrem Meister, verbunden werden“. (Zweites Vatikanisches Konzil, 1965).
1972 erscheint der für die gesamte Kirche gültige römische Modellritus für die Eingliederung Erwachsener unter dem Titel „Ordo Initiationis Christianae Adultorum“. Eine deutsche Übersetzung liegt seit 1975 mit der Studienausgabe „Die Feier der Eingliederung Erwachsener in die Kirche“ vor. Der erste Teil dieses liturgischen Buches mit der Grundordnung des Katechumenats und den liturgischen Feiern wird in überarbeiteter und angepasster Form 2001 zur Erprobung veröffentlicht (Liturgische Institute Deutschlands, Österreichs und der Schweiz, 2001).
2. Phasen und Stufen des Katechumenats
Charakteristisch für den Weg der Erwachseneninitiation ist der prozesshafte Charakter mit verschiedenen Phasen und Stufen, in denen die Wachstumsschritte des persönlichen Glaubens und die unterschiedlichen Stufen der Zugehörigkeit zur Kirche zum Ausdruck kommen. Unterschieden werden drei Phasen; die Übergänge von einer Phase zur anderen werden liturgisch begangen (DBK, 2001, 17-20; Werner, 2011, 381-383).
2.1. Die Phase der Erstverkündigung
Es ist eine Zeit erster Kontakte und Begegnungen mit Christinnen und Christen und dem christlichen Glauben. Sie sollen zu ersten Schritten der Bekehrung und des Glaubens an den Gott Jesu Christi führen. Wenn der ausdrückliche Wunsch gewachsen ist, getauft zu werden und sich auf den Weg der Vorbereitung einzulassen, ist der Abschluss dieser Phase erreicht.
2.2. Die Phase des Katechumenats
Mit der Feier der Aufnahme in den Katechumenat beginnt die Zeit des eigentlichen Katechumenats. Es ist eine Zeit der grundlegenden Einführung und Einübung in den christlichen Glauben, in das Leben als Christ oder Christin und damit in die lebendige Gemeinschaft mit Jesus Christus.
Es geht um die Verknüpfung von drei grundlegenden Bereichen: die Lebensgeschichten der beteiligten Personen, die Grundbotschaft des Glaubens, liturgische Glaubensvollzüge (Gebet, Feiern der Stufengottesdienste des Katechumenats, angemessene Weise der Mitfeier des Gemeindegottesdienstes).
Einen wichtigen Einschnitt bildet die Feier der Zulassung zur Taufe, in der Regel mit dem Bischof. Es folgt die unmittelbare Vorbereitung auf den Empfang der Sakramente des Christwerdens.
2.3. Die Phase der mystagogischen Vertiefung
Zum Katechumenatsweg gehört schließlich eine Zeit der Vertiefung nach der Feier der Initiationssakramente. Es geht darum, das, was in den Sakramenten gefeiert worden ist, nachträglich zu reflektieren und das Erlebte zu vertiefen.
Zugleich ist es eine Zeit des Übergangs: Glaube und Christsein der Neugetauften müssen sich im Alltag bewähren können. Diese letzte Phase der Begleitung im Katechumenat soll den „Neuchristinnen und Neuchristen“ dabei helfen, ihren Ort in Gemeinde, Kirche und der → Gesellschaft zu finden und zu erproben. Sie sollen entdecken, wie sie als Christinnen und Christen ihren Alltag leben und gestalten können.
Wenn die Feier der Eingliederungssakramente in der Osternacht stattfand, sollte diese Phase bis Pfingsten dauern und weiterhin von der Katechumenatsgruppe begleitet werden.
3. Liturgische Feiern
Die gottesdienstlichen Feiern des Katechumenats kennzeichnen die Stationen des Glaubensweges. Sie entsprechen dem Prozess wachsenden Glaubens.
Die wichtigsten Feiern sind die Feier der Aufnahme in den Katechumenat und die Feier der Zulassung zur Taufe (Liturgische Institute Deutschlands, Österreichs und der Schweiz, 2001; DBK, 2001, 27-36; Ball, 1997, 87-123).
3.1. Die Feier der Aufnahme
Mit der Feier der Aufnahme in den Katechumenat werden Bewerberinnen und Bewerber nach der vorangegangenen Zeit der Erstverkündigung als Katechumenen anerkannt und in den Katechumenat aufgenommen.
Mit dieser Feier treten Katechumenen in die Öffentlichkeit der Gemeinde. Die Gemeinde nimmt sie als Taufbewerberinnen und Taufbewerber an und bringt damit zum Ausdruck, dass der Glaubensweg eine kirchliche Dimension hat und nicht nur ein „privates Geschehen“ ist.
Besondere Bedeutung bei der Gestaltung dieser Feier haben die Bezeichnung mit dem Kreuz und die Überreichung der Heiligen Schrift.
3.2. Die Feier der Zulassung zur Taufe
Die Katechumenen haben christliches Leben und Glauben kennengelernt und sind bereit, ihr eigenes Leben danach zu deuten und zu gestalten. Sie bekräftigen nun ihren Wunsch, die Sakramente der Eingliederung – Taufe, Firmung und Eucharistie – zu empfangen. Katechumenatsbegleiterinnen und -begleiter sowie die Patinnen und Paten bezeugen vor der Gemeinde die Ernsthaftigkeit dieses Wunsches. Der persönliche Glaubensweg erfährt seine amtliche Bestätigung in der Liturgie der Kirche. Dies wird besonders deutlich, wenn der Ortsbischof diese Feier für alle Katechumenen des Bistums leitet (Liturgische Institute Deutschlands, Österreichs und der Schweiz, 2001, 84-101).
3.3. Die Feiern in der Zeit der entfernteren Vorbereitung
3.3.1. Gebete, Segnungen und Salbungen
Zum Weg der Katechumenen gehört das Vertrautwerden mit liturgischen Formen kirchlicher Gottesdienste. Dazu gehören das Gebet, Segnungen und die – wiederholbare – Salbung mit Katechumenenöl. Den Katechumenen soll in den kirchlichen Zeichenhandlungen die Zuwendung Gottes erfahrbar werden.
3.3.2. Übergabe des Glaubensbekenntnisses
Die grundlegende Bedeutung des Glaubensbekenntnisses kommt im Katechumenat durch eine eigene Feier der Übergabe zum Ausdruck. Die Symbolik des Übergebens dieser Urkunde des Glaubens macht deutlich, dass der Glaube vom Hören kommt und dass sich kein Mensch den Glauben selbst macht.
3.3.3. Übergabe des Vaterunsers
Das Vaterunser ist das Gebet, das Jesus seinen Jüngern mitgegeben hat. Die christliche Gemeinde lädt die Taufbewerberinnen und -bewerber in einem eigenen, kurzen Ritus dazu ein, dieses Gebet durch die Verkündigung der entsprechenden Verse aus dem Matthäusevangelium (Mt 6,9-13) zu übernehmen.
3.4. Die Feiern in der Zeit der näheren Vorbereitung
Die Zeit der näheren Vorbereitung dauert in der Regel sechs Wochen, die nach Möglichkeit mit der Österlichen Bußzeit zusammenfallen sollte. Eigene Riten während dieser Zeit sind drei Stärkungsriten am dritten, vierten und fünften Fastensonntag. Sie sollen die Haltung der Umkehr auf Jesus Christus hin und der Abkehr von allem, was dem Geist Jesu Christi widerspricht, bekräftigen. Der Karsamstag ist dann der Tag der unmittelbaren Vorbereitung auf die Feier der österlichen Sakramente und sollte einen Raum zur Sammlung und inneren Vorbereitung sein.
3.5. Prozesshafte Dimension der liturgischen Feiern
Die liturgische Feier der Aufnahme in den Katechumenat ist bereits der erste Schritt der sakramentalen Initiation. Das liturgische Tun hat eine zeitliche, prozesshafte Ausdehnung. Die Feier des Sakramentes ist nicht mehr als punktuelle Gnadenvermittlung zu sehen, sondern als Feier wachsenden Glaubens über einen längeren Zeitraum hin.
4. Begleitung
Menschen, die sich auf den Weg des Christwerdens eingelassen haben, brauchen Unterstützung und Begleitung durch andere Menschen, durch Christen und Christinnen, die bereit sind, ihre Lebens- und Glaubenserfahrungen mit ihnen auszutauschen und zu teilen (Ball, 1997, 71-86; DBK, 2001, 24-26; Werner, 2011, 384-385).
4.1. Die Katechumenatsgruppe
Dies soll vor allem in der Katechumenatsgruppe geschehen. Eine solche Gruppe bildet sich zum einen mit Menschen aus dem persönlichen Umfeld der Bewerberinnen und Bewerber, z.B. der Ehepartner, die Verlobte, der Freund oder die Freundin. Zum anderen sind es Christinnen und Christen der Gemeinde, die für die wechselseitige Verbindung zwischen Gruppe und Gemeinde sorgen.
Eine besondere Verantwortung in der Katechumenatsgruppe hat der Leiter beziehungsweise die Leiterin der Gruppe. Er beziehungsweise sie sorgt für geeignete Rahmenbedingungen, ist verantwortlich für Themen und Inhalte sowie für die gottesdienstlichen Feiern und Riten des Katechumenats.
Ferner kommt der Patin oder dem Paten als Glaubensbegleiter eine besondere Rolle zu – auch über die Dauer des Katechumenats hinaus.
4.2. Begleiterinnen und Begleiter
Die Katechumenen haben eine aktive Rolle in diesem Lernprozess. Sie sind nicht nur Empfangende, sondern bringen ihre bisherige Lebensgeschichte, ihre Sprache und ihre Sicht der Dinge in den katechetischen Prozess mit ein. Ihre Begleiter und Begleiterinnen sind dementsprechend nicht „Glaubensvermittler“, die ein fertiges Glaubenswissen an Nichtwissende weitergeben; vielmehr sind sie „Glaubensbegleiter“, die selbst auf dem Weg sind und immer wieder neu danach fragen, wie Christsein gelebt und gestaltet werden kann.
5. Situation des Katechumenats in Deutschland
5.1. Übersicht
Etwa 2500 Erwachsene wurden im Jahr 2019 in der katholischen Kirche getauft. Es lässt sich nicht feststellen, inwieweit die jeweilige Taufvorbereitung im Sinne des Katechumenats durchgeführt wurde. Dass der Katechumenat jedoch keine Randerscheinung ist, zeigt sich daran, dass in nahezu allen Diözesen in Deutschland regelmäßig am ersten Fastensonntag diözesane Zulassungsfeiern unter Leitung des Bischofs stattfinden. Auch wenn nicht alle Taufbewerberinnen und -bewerber eines Bistums daran teilnehmen, haben die Feiern der Zulassung die Aufmerksamkeit für die Erwachseneninitiation in der Öffentlichkeit verstärkt.
Jedoch ist nicht allen Verantwortlichen in Pfarreien und Diözesen die Bedeutung des Katechumenats und seiner pastoralen Perspektiven bewusst. Die Praxis der Taufvorbereitung Erwachsener vor Ort orientiert sich nur bedingt an den kirchlichen Vorgaben. Die Bildung einer Katechumenatsgruppe ist nicht selbstverständlich, der Gemeindebezug kaum ausgeprägt. Die Begleitung der Katechumenen liegt oft allein in den Händen hauptamtlicher Seelsorgerinnen und Seelsorger. Die Integration in das bestehende Gemeindeleben erweist sich als schwierig. Theologische Grundlagen und pastorale Elemente des Katechumenats werden kaum als Perspektiven für eine Neuorientierung und missionarische Ausrichtung von Kirche und Gemeinden gesehen (Becker, 2021). Es fehlt weitgehend am Bewusstsein für eine solche verändernde Kraft des Katechumenats.
5.2. Erwachsenentaufe in evangelischen Kirchen
Eine ausführliche, mehrstufige Vorbereitung Erwachsener auf die Taufe ist in evangelischen Kirchen praktisch unbekannt (Peters, 2021).
So stellt ein EKD-Text zur (Wieder-)Aufnahme in die Kirche aus dem Jahr 2009 fest:
„Regelsituation in einer Kirchengemeinde ist der vereinzelte Taufwunsch, nicht selten verbunden mit hoher Dringlichkeit. Die Taufvorbereitung verläuft oft ‚handgestrickt‘ und hat meist die Form einer Reihe von Gesprächen, die sich häufig nach Umfang und Zahl an den aktuellen Möglichkeiten pastoraler Terminkalender orientieren.“ (EKD, 2009, 48).
Zugleich räumt der Text ein:
„Diese Praxis wird von beiden Seiten nicht selten als unbefriedigend wahrgenommen. Wünschenswert ist daher eine Verständigung über den Umfang der Taufvorbereitung sowie über Themen und Arbeitsformen, etwa in Analogie zu den Rahmenordnungen für die Konfirmandenarbeit“ (EKD, 2009, 48).
Das Fehlen einer entfalteten Katechumenatspraxis spiegelt sich auch in den Agenden (liturgische Grundordnungen) der beiden Kirchenbünde wider. So finden sich in den Einführungen der Taufagenden der Lutherischen (VELKD) und der Unierten (UEK) Kirchen (1998 und 2000) nur sehr zaghafte Andeutungen einer längeren Taufvorbereitung Erwachsener; liturgische Formulare dafür fehlen ganz. Der Entwurf für eine gemeinsame Taufagende von UEK und VELKD (2018) enthält jedoch schon ein Formular für die „Aufnahme von Taufbewerbern/Taufbewerberinnen“ sowie den Vorschlag für eine (regelmäßige) Fürbitte für Taufbewerberinnen und -bewerber als Element des gemeindlichen Fürbittgebets (EKD, 2018, 263-266;352).
5.3. Katechumenat mit Geflüchteten
Migrations- und Fluchtbewegungen in den letzten Jahren führen zu einer bisher nicht gekannten Problem
Migrations- und Fluchtbewegungen in den letzten Jahren führen zu einer bisher nicht gekannten Problematik. Es stellt sich die Frage, inwieweit die Konversion zum christlichen Glauben religiös motiviert ist oder ob es „nur“ um eine Begünstigung oder Beschleunigung von Asylverfahren geht.
Der anspruchsvolle und zeitlich ausgedehnte Weg des Katechumenats in der katholischen Kirche spricht für die Ernsthaftigkeit der Konversionen. Die Taufzahlen sind auch deshalb nicht gestiegen, anders als in etlichen evangelikalen Gemeinschaften.
Für die Gestaltung des Katechumenats mit Bewerberinnen und Bewerbern mit muslimischem Hintergrund ist eine eigene Sorgfalt angezeigt, weil von islamischer Seite oft eine christliche Missionstätigkeit vermutet wird. Musliminnen und Muslimen, die sich vom Islam abwenden oder zum Christentum konvertieren, können auch in Deutschland Gefahren für Leib und Leben erwachsen.
Eine eigene Schwierigkeit liegt in der Vielfalt kultureller Prägungen und Denkweisen sowie in den damit gegebenen Sprachbarrieren. Dies gilt vor allem im Blick auf Menschen aus dem Nahen Osten, aus asiatischen und afrikanischen Ländern. Geeignete Dolmetscherinnen und Dolmetscher stehen in der Regel nicht zur Verfügung: das Erlernen der deutschen Sprache ist für viele eine erhebliche Schwierigkeit (zu diesen Überlegungen: Becker, 2021; DBK, 2009).
Mehrsprachiges Material (arabisch und Farsi) zur Begleitung von Katechumenen ist inzwischen erarbeitet und über das Portal „Katholisch-werden.de“ abrufbar.
6. Chancen des Katechumenats
Die veränderte religiöse Situation einer Gesellschaft, die nicht mehr volkskirchlich geprägt ist, erfordert eine veränderte Ausrichtung kirchlichen Handelns, das sich an wesentlichen Aspekten des Katechumenats orientiert:
Christwerden und Christsein aus freier Entscheidung
die grundlegende Bedeutung der Taufe für die christliche Existenz
Stufen der Zugehörigkeit zur Kirche
liturgische Feiern: bezogen auf die Lebens- und Glaubenssituation der Mitfeiernden
persönliche, dialogische Begleitung des Glaubensweges
überschaubare Gruppe als Lernort (→ Lernorte religiöser Bildung) des Glaubens und exemplarischer Ort des Christseins
Über die unmittelbare Aufgabe der Erwachseneninitiation hinaus kann der Katechumenat zum Grundmuster für pastorale Handlungsfelder werden, z.B. als Leitbild für die Katechese (DBK, 2004, 15-17).
„Es ist nicht zu übersehen: Für viele Menschen in der Kirche, solche, die in einem kirchlichen Dienst stehen, aber auch für Andere übt der Katechumenat eine deutliche Anziehungskraft aus. Das ist so, weil er eine unverstellt positive Perspektive kirchlichen Handelns eröffnet und weil er in seinen einzelnen Schritten zugleich das Ganze christlichen Glaubens fokussiert: ‚Das Reich Gottes ist nahe. Kehrt um und glaubt an das Evangelium‘ (Mk 1,15). Im Verlauf des Katechumenats wird auf exemplarische Weise deutlich, wie Kirche entsteht – Katechumenat ist ‚Kirche im Werden‘. Diese ermutigende Erfahrung braucht es heute inmitten einer weltanschaulich pluralistischen Situation“ (Wehrle, 2000, 22).
Literaturverzeichnis
Ball, Matthias u.a. (Hg.), Erwachsene auf dem Weg zur Taufe.
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https://bibelwissenschaft.de/ressourcen/wirelex/10-lernorte-und-institutionen-religioeser-bildung/katechumenat