Außerbiblische Zeugnisse vom Turmbau zu Babel

Außerbiblische Zeugnisse vom Turmbau zu Babel
Es gibt weltweite außerbiblische Berichte über den Turmbau zu Babel. Einen Überblick gibt dieses Bild:



    schwarzer Punkt = Ursprache-Überlieferung
    Weißer Punkt = Turmbau-Überlieferung
    Viereck: Ursprache- und Turmbau-Überlieferung

Für 2 konkrete Bsp. zitiere ich von hier:

Die Akhas sind ein Bergstamm, der in China und Nordthailand beheimatet ist. Ca. 50000 von ihnen leben im Norden Thailands. Auch wenn inzwischen viele Angehörige dieses Volkes Christen geworden sind und in zahlreichen Dörfern Gemeinden gegründet wurden, hält doch ein Großteil der Ahkas noch am Animismus fest, der in der Ahnenverehrung, im Geisterglauben und im Opferkult sichtbar zum Ausdruck kommt. 

Unter den Überlieferungen der Akhas gibt es auch eine Geschichte, die Parallelen zu dem biblischen Turmbaubericht aufweist. Lothar Sommerfeld, der als Missionar der Marburger Mission in Nordthailand seit 1990 unter diesem Bergstamm arbeitet, hat sie von führenden Männern eines Akahdorfes gehört:

„Einst wuchs ein Weltbaum, dessen Wurzeln auf der Erde sind, und dessen Krone bis zum Mond reicht. Dieser Baum garantierte auch die Einheit der Menschenfamilie.

Als der Baum gefällt wurde – von wem, ist nicht bekannt – und der Stamm fiel, riss die Krone ab und ist heute noch im Mond zu sehen (das sind die dunklen Flecken). Damit zerriss auch das Band der Menschen. Manche flohen in die Täler, manche auf die Berge. Die Akhas flohen am weitesten (am höchsten in die Berge). Akha heißt: Menschen, die weit weg sind.

Durch das Fällen des Baumes, der die Verbindung nach oben zum Himmel war, wurde auch die Einheit der Menschen zerrissen und jede Kleinfamilie sprach in einer neuen Sprache.“

Soweit zu dieser aufschlussreichen Überlieferung, die alle vier wichtigen Elemente der biblischen Turmbauüberlieferung enthält: 1. Soziale und sprachliche Einheit der Menschen vor dem Ereignis, 2. Eine – allerdings stark abgewandelte – Geschichte vom Turmbau, 3. Die Sprachenverwirrung und 4. Das Auseinanderreißen der Menschheit durch Migration. Hinzu kommt die Aussage, dass im Zuge dieses Ereignisses auch die Verbindung zum Himmel abriss.

Der Weltbaum in dieser Überlieferung erinnert an die indische Turmbausage vom Vata-Baum10, der ebenfalls für die Einheit aller Menschen stand. Im Unterschied zur Version der Akhas werden aber in der indischen Fassung Verursacher und Hintergrund für das Fällen des Baumes angegeben: Demnach waren die Menschen selber die Ursache: In ihrem Hochmut wollten sie den Baum als Leiter benutzen, um zu den Göttern zu gelangen. Damit erregten sie deren Zorn. Die Götter zertrümmerten den Stamm des Baumes und zerstörten damit die Einheit der Menschen.

Die Ähnlichkeit dieser beiden Traditionen lässt vermuten, dass die Akhas früher im indischen Raum beheimatet waren oder durch Kontakte zu Völkern dieser Region Kenntnis von der Geschichte bekommen haben.

Ursprungssagen der Fayu in West-Papua (Neuguinea)

Im April 2005 erschien in einem säkularen Verlag12 die Selbstbiographie von Sabine KUEGLER, die als Kind deutscher Missionare im Dschungel von West-Papua (Neuguinea) bei den „Fayu“ aufwuchs, einem Stamm, der im 20. Jahrhundert kulturell noch auf der Stufe der Steinzeitmenschen gestanden hat. Man entdeckte die Fayu erst 1978 in einem schwer zugänglichen Teil des Dschungels von Neuguinea, den man nur auf dem Wasser oder durch die Luft erreichen kann. Bis vor kurzem lebten sie dort in ständiger Feindschaft mit Nachbarstämmen. Angst vor blutigen Fehden und vor Racheaktionen und Überfällen sowie Geisterglaube, Mord und Kannibalismus bestimmten den Alltag dieser Menschen, bevor sie das Evangelium annahmen und Christen wurden. Ihre ethnische Herkunft liegt bis heute im Dunkeln, ihre Sprache ist mit keiner der sonst auf dieser Insel bekannten Sprachen verwandt.

In mündlichen Überlieferungen erzählen sich die Fayu von ihrem Ursprung, und der erstaunte Zuhörer wird plötzlich mit Geschichten konfrontiert, die er von der Bibel kennt:

„Vor langer Zeit gab es ein großes Dorf, mit vielen Menschen, die alle nur eine Sprache hatten. Diese Menschen lebten in Frieden. Doch eines Tages kam ein großes Feuer vom Himmel, und plötzlich gab es lauter verschiedene Sprachen. Nur jeweils ein Mann und eine Frau sprachen dieselbe Sprache, mit den anderen konnten sie sich nicht mehr verständigen. Sie wurden über die ganze Erde verstreut.“

In dieser Überlieferung finden sich – ähnlich wie bei der Turmbausage der Akhas – mehrere Elemente wieder, die von der Erzählung aus Gen 11 bekannt sind: 1. Die soziale und sprachliche Einheit aller Menschen, 2. Ein einschneidendes Ereignis, das die Aufspaltung der Ursprache in viele verschiedene Sprachen zur Folge hatte, so dass die Menschen sich nicht mehr verstanden, und 3. Die Verteilung der Menschheit über die gesamte Welt.

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Ausführlicher zu dem Thema in diesem Buch.

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