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Gewinn im Verzicht

Gewinn im Verzicht
Die kulturformende Kraft der Sexualethik
von Konstantin Mascher

Die Weichen für gesamtkulturelle Veränderungen werden stets Generationen vor der eintretenden Wende gestellt, dann, wenn vormals verbindliche Normen und Werte sich auflösen oder erschüttert werden.
Ausgehend von einer Studie des britischen Anthropologen und Ethnologen Joseph D. Unwin (1895-1935) erörtert Konstantin Mascher, wie der Wandel in der Sexualmoral eine Gesellschaft über Generationen hinweg verändert.
Die Regelung des Zusammenlebens der Geschlechter gehört zu den fundamentalen Elementen jeder Kultur. Veränderungen z.B. in Ökonomie, Rechtsprechung oder Religion ziehen stets Veränderungen im Geschlechterverhältnis nach sich. Umgekehrt - und das ist weniger präsent im öffentlichen Bewusstsein - hat auch der Wandel in der Sexualethik einer Gesellschaft Auswirkungen auf alle Bereiche des Lebens.

Gewinn im Verzicht
J. D. Unwin hat in einer umfassenden Studie über achtzig Stammes- und sechs Hochkulturen die Auswirkung der Sexualethik auf das gesamtgesellschaftliche Gefüge untersucht. Er wollte die These Freuds empirisch untersuchen: "Wenn gesellschaftliche Normen die direkte Befriedigung von sexuellen Impulsen verbieten, drückt sich der emotionale Konflikt in anderer Weise aus. Was wir Zivilisation nennen, ist immer aufgebaut auf dem auferlegten Verzicht auf die (unmittelbare) Befriedigung natürlicher Begierden."
Mit anderen Worten: Unwin wollte wissen, ob und wie das Vorhandensein von "sozialer Energie" und Sexualverhalten in einer Gesellschaft miteinander korrelieren. Unter "sozialer Energie" verstand er die Fähigkeit, auf dem Gebiet der Politik, des sozialen Gefüges, in Wirtschaft, in Technik und Militär, in Wissenschaft und Ästhetik komplexe Strukturen bilden und innovativ handeln zu können. Zu Unwins Erstaunen zeigte sich ein verblüffender Zusammenhang zwischen Kulturniveau und gesellschaftlichen Sexualnormen. Es erwies sich, dass der Wegfall regulierender Normen über wenige Generationen zu einer Schwächung des Kulturgefüges führte und die "soziale Energie" drastisch abnahm.

Am Anfang jedes kulturellen Aufstiegs steht also ein Denken, das über die unmittelbaren Bedürfnisse des Einzelnen hinaus auf ein gesamtgesellschaftliches Wohl zielt. Das verlangt ein gewisses Maß an Verzicht und Aufschub der Bedürfnisbefriedigung. Eine funktionierende Regulierung des sexuellen Verhaltens ist ein guter Indikator für die zukünftige Stabilität einer Gesellschaft. Aus Unwins Studie geht hervor, dass Gesellschaften, deren Moral die Sexualität auf die monogame Beziehung zwischen Mann und Frau beschränkte und die diese Regelung über mehrere Generationen aufrechterhielten, mit der Zeit die größte Komplexität und Dynamik erreichten. Er stellte fest: "In jedem Fall begann die historische Karriere einer Gesellschaft mit dem Vorherrschen der absoluten Monogamie."

Vom Erbe zehren - oder das Erbe verzehren?
Unwin folgert, dass grundlegende Werteverschiebungen erst nach zwei bis drei Generationen, also nach ca. hundert Jahren zu Buche schlagen. Das gilt für Phasen des Aufbaus und des Verfalls einer Kultur gleichermaßen.
Bei Griechen und Römern z. B. sei zu erkennen, wie sich die Gesellschaft, in der sich die Einehe als Norm etablierte und Promiskuität verboten war, innerhalb von drei Generationen festigte und zu einer gewissen Vormachtstellung gelangte. In den sog. kulturellen Hochphasen kam es zu einer einseitigen Aufwertung von individueller Persönlichkeitsentfaltung und zur Genussorientierung (Hedonismus). Damit veränderten sich auch die Sexualnormen. So wurde u.a. die Scheidung erleichtert und der außer- und voreheliche Geschlechtsverkehr zunehmend akzeptiert.

Nach einer relativ kurzen Phase von Wohlstand und sexueller Freizügigkeit kippte die Situation: In den wohlhabenden Schichten wurden immer weniger Kinder geboren und die Bemühungen des Staates, die Geburtenrate anzuheben, griffen nicht mehr. Der kulturelle Abstieg und die feindliche Übernahme durch fremde, aufstrebende Kulturen waren nicht mehr abzuwenden. Die Generation, die von der "sozialen Energie" der Gründerzeit ihrer Väter zehrte, deren Verzichtbereitschaft jedoch verwarf, hatte den eigenen Erben nicht mehr viel weiterzugeben.

Auch unsere europäische Kultur heute steckt in einem krisenhaften Werteumbruch. Zum einen erleben wir die fortschreitende Sexualisierung aller Lebensbereiche, zum anderen steht die Ehe als eine monogame, auf Dauer angelegte und aus der Verbindung von Mann und Frau bestehende Lebensform zur Debatte. Die Ehe wird ethisch und rechtlich durch alternative Gestaltungsformen umgedeutet oder infragegestellt (z.B. durch die rechtliche Erleichterung der Ehescheidung, zunehmende Akzeptanz der Promiskuität, "Homo-Ehe" ).
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https://www.ojc.de/salzkorn/2006/generationen-frieden/sexualethik-monogamie-kulturelles-erbe/

Kommentare

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gekreuzsiegt 25.04.2024 23:37
@ Zeitzeuge: Danke für deinen Blog! lachendes Smiley  Das macht Sinn, dass es eine Korrelation zwischen der Kultur / dem Wohlstand und der Sexualethik einer Gesellschaft gibt... Dazu braucht man eigentlich keine Studien, sondern nur gesunden Menschenverstand... ;-P  Aber schön, wenn Studien das belegen, damit man denen, die keine o.g. Korrelation sehen (wollen) und ein sexuell zügelloses Leben führen, wenigstens die Studien vorhalten kann, damit man ihnen wenigstens nachher sagen kann, dass man sie gewarnt hat...
Es gibt auch eine Korrelation zwischen der Gottlosigkeit (die heutige Sexual"ethik" unserer Gesellschaft ist ein Ausdruck ihrer Gottlosigkeit...) einer Gesellschaft und dem schwindendem Wohlstand... Die aktuelle hohe Inflation, stagnierende Wirtschaft, die vielen Insolvenzen, der Produktionsstandortverlegung von Firmen ins Ausland, etc. sind ein Resultat der Gottlosigkeit unserer Gesellschaft...! 😥
Das kann man im Alten Testament der Bibel nachlesen: Wenn sich das Volk Israel von Gott abgewendet hat und anderen "Göttern" nachgehurt hat, hat sich Gott von seinem Volk abgewendet und es anderen Nationen in die Hand gegeben oder Krankheiten oder Hungersnöte zugelassen... 😭  Gnade uns Gott, dass die Menschen hierzulande zurückkehren zu Gott bevor die Zustände bei uns so schlimm sind, wie sie öfters in Israel waren als das Volk Israel gottlos geworden war...! 

"Aufschub der Bedürfnisbefriedigung" / Aufschub der Gratifikation = emotionale Intelligenz Zur emotionalen Intelligenz gibt es ein sehr interessantes Buch... zwinkerndes Smiley
 
Zeitzeuge 26.04.2024 08:00
Danke für deine Wahrnehmung!
Genau, wie du richtig erkannt hast, bei genauerer Betrachtung der Zusammenhänge
von dem Auf- und Niedergang von Gesellschaften braucht man nicht unbedingt Historiker zu sein, das kann man schon aus dem kostbaren Wort Gottes erkennen.

Nun aber stellt sich für mich die Frage, was machen wir heute mit diesem Erkenntnisgewinn?
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