„Ausbruch aus dem Jammertal“

„Ausbruch aus dem Jammertal“
„Ausbruch aus dem Jammertal“

Einleitung: "Wege zum Ziel"

Veränderung
„Ein Tag der sagt dem andern, mein Leben sei ein Wandern zur großen Ewigkeit. O Ewigkeit du schöne, mein Herz an dich gewöhne, mein Heim ist nicht in dieser Zeit“, dichtete Gerhard Tersteegen 1745.

Seither haben viele Gläubige dieses Lied gesungen und waren sich dabei der Vorläufigkeit ihres Lebens bewusst. Auch wenn sie die Umgebung ihres Ortes kaum verlassen haben, fühlten sie sich doch beständig unterwegs. Sie waren nicht sesshaft, sondern Pilger auf dem Weg zur himmlischen Heimat: „Wir haben hier keine bleibende Stadt, sondern die Zukünftige suchen wir“ (Hebräer 13,14). Die Gegenwart war eine Zwischenstation, der Besitz von Haus und Hof, Bett und Schrank nur vorübergehend. Vor allem bei Armut und Not tröstete sie dieser Gedanke. Die äußere Unbeweglichkeit förderte die innere Unabhängigkeit.

Heute leben wir in einer Zeit hoher Mobilität, ständig sind wir unterwegs. Die Welt ist zum großen Dorf geworden, es gibt keinen Ort, den wir nicht irgendwie erreichen könnten. Die Menschen steigen in ein Auto, den Zug oder ein Flugzeug und erreichen ihre Ziele schnell, bequem und möglichst pünktlich. Das Aufbrechen ist ein alltäglicher Vorgang, das Ankommen ist entscheidend – man will sofort da sein: bei sich selbst, bei anderen Menschen, in der Zukunft, oder ganz oben auf der Erfolgsleiter. Man sucht den Ort, wo man bleiben und sich einrichten kann, wo man endlich einmal am richtigen Platz ist. Aber ist man das wirklich?

Zwischen Aufbrechen und Ankommen liegt eine Nichtzeit. Man möchte das „Dazwischen“ möglichst komfortabel verbringen. Die Autos sind mit Klimaanlage und weichen Ledersesseln ausgerüstet, das Navi leitet zuverlässig durch alle Straßenführungen zum Ziel. Im Zug fühlt man sich wie zuhause, telefoniert, liest, isst, unterhält sich und ist empört, wenn es zu Verspätungen kommt. Im Flugzeug lässt man sich bedienen und schläft um dem Jetlag zuvorzukommen. Dann ist man da, an einem völlig fremden Ort, ganz woanders und ist verwundert, dass man der Gleiche geblieben ist während sich die Umgebung total verändert hat. Wir sollten bewusster unterwegs sein! Die Zeit zwischen Aufbruch und Ankunft ist eine wertvolle Zeit, sie kann uns vieles lehren.

„Der verändert sich nicht“, sagte neulich jemand abfällig über einen Menschen, der in seiner Entwicklung stehen geblieben schien. Sich nicht zu verändern ist eine negative Aussage – vor allem für einen Christen. Wenn jemand in seiner Entwicklung stehen bleibt, tritt er auf der Stelle, bewegt sich nicht mehr voran. Der Weg des Glaubens bedeutet den Weg der Veränderung, wer ihn geht, lässt sich ein auf den Weg der Nachfolge und wird Schritt für Schritt ein anderer. Auf diesem Weg geht er einem anderen hinterher, dem er folgt. Der ist das Vor-Bild. In jedem Moment lässt der Christ Altes zurück und gewinnt Neues. Die Veränderung, die er vollzieht, ist eine Umgestaltung, eine Verwandlung. Der Christ verwandelt sich, wenn er auf dem Weg des Glaubens voranschreitet in das Bild Gottes – zumindest in das Bild, das dem Bild entspricht, das Gott sich für diesen Menschen gedacht hat. Der Weg der Veränderung ist der Weg des Glaubens, denn ich verändere mich durch die Beziehung zu Gott.

Ist es unser Problem, dass wir zwar viel unterwegs, aber nicht wirklich in Bewegung sind? Wir steuern Ziele an und erreichen sie auch, aber lassen uns nicht wirklich auf den Weg ein. Wir sind schon dort, wo wir hinwollen, aber nicht auf dem Weg. Wir achten nicht auf das, was jetzt gerade dran ist. Auf dem Weg sein bedeutet, sich auf Unbekanntes einzulassen ohne zu wissen, wo und wie es endet. Wer auf dem Weg ist macht sich klar, dass er nicht alles im Griff hat. Er weiß nicht wirklich, was auf ihn zukommt. Er muss das Unbekannte riskieren. Er geht und hofft, er vertraut, dass er zum Ziel findet. Er kümmert sich um den nächsten Schritt und übersieht nicht die ganze Strecke. Er spürt, wie er ausgeliefert ist, in der Fremde, im unbekannten Land. Jeder Schritt, den er im Vertrauen tut, weil er ins Ungewisse führt, verändert ihn, weil er seine ganze Aufmerksamkeit verlangt, das Unbekannte wird vertraut. So ist der Weg der Veränderung der Weg des Glaubens: Es ist ein Weg des Vertrauens.
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